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Mein Geburtsbericht

Wer den Beitrag „Mein (Vor)Geburtsbericht“ gelesen hat weiss, dass ich einer Geburtseinleitung nur sehr knapp „entkommen“ bin. Mit Akupunktur wurden die Wehen, welche bereits da waren (ich allerdings nicht gespürt hatte), zunehmend stärker. Es war 16:30 Uhr als Doro, unsere Hebamme in der Klinik, meinem Mann sagte, er könne nun nachhause fahren und unsere Koffer holen. Während er sich auf den Heimweg machte, versuchte ich mich zu entspannen. Gelang mir natürlich nur bedingt, denn ich war so (positiv) nervös und konnte kaum stillsitzen. Ich schrieb meiner Mutter eine Nachricht, dass wir nun doch gleich in der Klinik bleiben und es mit der Geburt langsam losgeht.


Genau eine Stunde später war Andi, mein Mann, wieder zurück in der Klinik angekommen. Und genau zu diesem Zeitpunkt hatte ich die erste richtige Wehe gespürt. In den kommenden 40 Minuten konnten wir uns aber nach wie vor, auch während einer Wehe, noch gut unterhalten. Und Andi konnte noch Fotos machen :)




Dann kam Doro und schaute nach, wie weit sich der Muttermund in der Zwischenzeit geöffnet hatte. Er war bereits bei 5cm, somit ging es ziemlich zügig vorwärts. Während dieser Untersuchung kam dann zum ersten Mal ein richtig starker Schmerz. Ich spürte plötzlich einen gewaltigen Druck. Es fühlte sich an, als würde jemand in meinen Bauch greifen und das Baby rausziehen wollen.


Wenige Minuten später teilte mir Doro mit, dass sie mir eine PDA empfehlen möchte. Ella hatte es anscheinend plötzlich sehr eilig und durch den Druck entstand um den Muttermund eine Schwellung. Diese liesse sich am besten durch eine PDA beheben. Ganz ehrlich, obwohl ich eigentlich die Geburt ohne PDA versuchen wollte, ich war zu diesem Zeitpunkt nicht unglücklich darüber, dass mir nun eine PDA empfohlen wurde. Der Schmerz kam von einer Sekunde auf die Andere und war extrem intensiv.


Gut, lange Rede kurzer Sinn, ca. 15 Minuten später wurde eine PDA gelegt. Vom Gefühl her dauerte dieser ganze Prozess dann nochmals etwa 15 Minuten. Glücklicherweise hatte ich die Einverständniserklärung bereits vorab unterschrieben und bereitgelegt, so mussten wir uns in diesem Moment nicht mehr darum kümmern.


Die PDA war also gelegt und ich ging natürlich davon aus, dass der Schmerz nun nachlassen würde. Aber nichts da, von da an ging es erst richtig los. Es traf mich wie ein Schlag, die Schmerzen wurden wieder von einer Sekunde auf die Andere noch intensiver, sodass ich Mühe hatte, noch richtig zu Atmen. Der Muttermund war zu diesem Zeitpunkt bereits bei 7-8cm.


In der kommenden Stunde kann ich mich noch an Folgendes erinnern: Andi stand hinter mir, stützte mich und machte für mich die Atemübungen vor, die Hebamme war zu meiner Linken und versuchte mich zu motivieren und mir Anweisungen zu geben, wie ich Atmen soll. Mein Problem war nur, ich konnte gar nicht mehr richtig Atmen. Ich hatte das Gefühl, dass ich nur noch nach Luft ringe. Immer wieder sagte ich mit weinender Stimme: „Ich kann nicht mehr, ich möchte nachhause!“.


Lustigerweise hatte ich wirklich ständig diesen Gedanken im Kopf: „Ich stehe jetzt einfach auf, gehe noch rasch auf die Toilette und dann mache ich mich auf den Heimweg, ich will das hier alles nicht mehr.“ Glücklicherweise hatte Doro ziemlich genau verstanden wie ich ticke und wusste, wie sie mit mir umgehen musste, sodass ich (zumindest einigermassen) motiviert bleibe. Ich versuchte ihren Anweisungen zu folgen, aber die Schmerzen hatten mich völlig übernommen und es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren.


Ich erreichte einen Punkt, an welchem ich der Hebamme mitteilen wollte, dass sie die PDA bitte hochschrauben solle (denn ganz ehrlich, ich hatte von der PDA überhaupt nichts gemerkt!). Nur, ich brachte kein Wort raus, es fehlte mir wortwörtlich die Luft dazu. Und genau in diesem Moment teilte sie mir mit, dass sie nun die PDA abstellen werde, wir seien bei 10cm und kämen nun in die Pressphase.


Die Welt um mich herum brach zusammen. Ich war am Ende meiner Kräfte und wollte nur noch weg. Ich kann mich erinnern wie ich auf die Wanduhr links von mir schaute. Es war 19:50 Uhr.


Und dann kam die Pressphase. Rückblickend muss ich sagen, dass ich von da an eigentlich nicht mehr primär einen Schmerz in Erinnerung habe, sondern eher eine enorme Anstrengung. Es war, als müsste man komplett erschöpft und mit müden Beinen einen Marathon laufen, und zwar in hohem Tempo. Ich dachte immer, dass es zwischen den Wehen Pausen gibt, aber mir kam es vor als sei ich durchgehend am Pressen. Ich bekam kaum noch Luft, obwohl ich mich intensiv auf die Atmung konzentrierte.


Dann wurde der Arzt gerufen, dies bekam ich allerdings nicht aktiv mit, er stand einfach plötzlich neben mir. Wenige Minuten später meinte er, dass das Baby nun mit den nächsten 3 Wehen kommen müsse, da die Herztöne stark gesunken sind. Ich mobilisierte innerlich nochmals all meine Kräfte. Ich hörte nur noch „jetzt pressen!“, dann stand der Arzt plötzlich über mir, gab von oben Druck auf den Bauch, die Hebamme rief wieder „Pressen!“. Und dann hörte ich plötzlich Andreas hinter mir aufjauchzen und zu mir sagen, dass der Kopf schon draussen sei. Ich dachte, dass jetzt eine Pause kommen würde, doch Doro sagte „gleich nochmals pressen“ und mit der gleichen Wehe kam dann der ganze Körper.


Sie war da! Unsere Tochter war da! 20:26 Uhr, also 2 Stunden und 56 Minuten nach der ersten spürbaren Wehe. Ich war immer davon ausgegangen, dass die Geburt wie immer überall geschrieben wird ca. 12-14 Stunden dauern wird. Wer hätte gedachte, dass wir dieses kleine Menschlein knapp 3 Stunden später in den Armen halten.


Ella wurde zu mir auf den Bauch gelegt, sie schrie, Andreas und ich weinten vor Freude (und ich auch ein bisschen aus Erschöpfung).



Rückblickend bin ich überglücklich, dass ich mich gegen die Geburtseinleitung gewehrt und auf mein Gefühl gehört hatte. Ich habe aus dieser Geschichte gelernt, dass wir mehr auf unsere innere Stimme hören sollten. Wenn es um unsere eigenen Kinder geht handeln wir intuitiv und wir sollten wieder vermehrt auf unsere innere Stimme und unser Bauchgefühl hören.


Die Geburt ging sehr schnell und natürlich wäre es sicherlich „einfacher“ gewesen, wenn ich etwas mehr Zeit gehabt hätte, um mich an den Schmerz zu gewöhnen. Aber eben, eine Geburt läuft so wie sie läuft, und nicht wie man sie sich vorher ausgemalt hat. Es gibt keinen Plan, an welchen man sich halten kann. Und das ist auch richtig so.


Jeannette

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